Freitag, 5. Juni 2009

Bei Kampa wächst der Zeitdruck

Bislang kein Investor für insolventen Hausbau-Konzern / Zukunft weiter in der Schwebe
VON KARSTEN VERSICK
Minden/Steinheim (mt). Anfangs war das Medienbüro des Insolvenzverwalters Dr. Werner Schreiber noch auskunftsfreudig und verbreitete gern und ausführlich den Optimismus, den der Rechtsanwalt aus Heidelberg in Bezug auf die Zukunft des zahlungsunfähigen Hausbau-Konzerns Kampa versprühte. Inzwischen sind die Mitarbeiter der rw-Konzept, einer Agentur für Unternehmenskommunikation, äußerst schweigsam geworden.

Herzlich willkommen wäre bei Kampa derzeit vor allem ein Investor.

Mit dem am Mittwoch in einer dünnen Zehn-Zeilen-Meldung veröffentlichten Beschluss des Amtsgerichts Aalen (Baden-Württemberg), zum 1. Juni das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kampa AG zu eröffnen und Dr. Werner Schreiber zum Insolvenzverwalter zu bestellen, läuft dem renommierten Juristen die Zeit davon. Findet er nicht bald einen Investor, der den maroden Konzern oder zumindest Teile davon übernimmt, droht im schlimmsten Fall die Liquidierung des kompletten Traditionsunternehmens und damit das Schicksal der österreichischen Kampa-Gesellschaft. Die wurde mangels Masse bereits abgewickelt.

Sämtliche interessierten Investoren abgesprungen
Noch Mitte Mai hatte der Kampa-Vorstand berichtet, es gebe "derzeit mehrere potenzielle Investoren, die ein ernsthaftes Interesse an der Fortführung des Geschäftsbetriebs der Kampa-Gruppe haben". Knapp drei Monate nach dem am 11. März gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann jedoch noch immer kein Vollzug für die Kampa-Gruppe oder einzelne der insgesamt sieben ebenfalls in Insolvenz befindlichen deutschen Tochterunternehmen gemeldet werden. Dementsprechend mager fallen auch die Antworten auf Fragen zum Stand des Insolvenzverfahrens aus. "Ich kann Ihnen keine konkreten Auskünfte zum Stand der Verhandlungen geben", lautet die stereotype Auskunft von rw-Konzept-Mitarbeiter Matthias Braun auf zahlreiche konkrete Fragen dieser Zeitung. Die betrafen sowohl den Stand der Investorensuche als auch die Zukunft der Unternehmensgruppe, der Kampa-Mitarbeiter sowie der Bauherren, deren Kampa-Häuser entweder noch gar nicht begonnen oder bislang nicht fertiggestellt wurden. Immerhin "weder bestätigen noch dementieren" wollte Braun den ihm vorgelegten Informationsstand dieser Zeitung. Danach sind sämtliche an einem Einstieg bei Kampa interessierten Investoren aus der Hausbau-Branche inzwischen wieder abgesprungen. "Die haben sich bei Rundgängen in den Kampa-Produktionshallen über deren Stand der Technik informiert und sind dann wieder abgezogen", berichtet ein Insider von einer "indirekten Form der Industrie-Spionage".

Löhne und Gehälter nur bis Ende Mai gesichert
Interessiert waren zunächst auch drei branchenfremde Finanzinvestoren gewesen, von denen zuletzt allerdings nur noch ein Schweizer Investor im Spiel war. Der hätte allerdings am Mittwoch eine erste Anzahlung leisten sollen. Die ist aber nicht eingegangen. Damit ist die Zukunft von Kampa wieder völlig in der Schwebe.Besonders betroffen von der derzeitigen Situation sind die noch verbliebenen 681 fest angestellten Kampa-Mitarbeiter (Stand Ende März 2009). Ihre Löhne und Gehälter waren für März, April und Mai über eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes gesichert gewesen. Seit Anfang Juni sind die Mitarbeiter formell beim Insolvenzverwalter angestellt - die Löhne und Gehälter müssen wieder vom Unternehmen selbst gezahlt werden. Ob und wie lange das angesichts der Geschäftsentwicklung möglich ist, steht in den Sternen.Konkrete Auskünfte dazu gibt es vom Insolvenzverwalter beziehungsweise seinem Medienbüro ebenso wenig wie zu der Frage, ob und in welchem Umfang der normale Geschäftsbetrieb überhaupt noch läuft. Mit einem Ende März bewilligten Massekredit in Höhe von 3,75 Millionen Euro war zunächst die Fortführung des Geschäftsbetriebs und die Wiederaufnahme der Arbeiten an den Baustellen gewährleistet worden. Im Mai hatte das Unternehmen dann von einem deutlichen Rückgang der Zahl der fertiggestellten Häuser (von 132 im ersten Quartal 2008 auf nur noch 99 im ersten Quartal 2009) und einem drastischen Rückgang des Auftragsbestands auf 688 Häuser (Vorjahr 971) mit einem Gesamtvolumen von 136 Millionen Euro (Vorjahr 162 Mio. Euro) berichten müssen.

Copyright © Mindener Tageblatt 2009Dokument erstellt am 05.06.2009 um 02:25:11 Uhr

3 Kommentare:

  1. hallo bianca,

    also ich verfolge seit tagen deinen tollen neuen blog, der wirklich hervorragend alles ! bezüglich der kampa insolvenz und unseres problems profesionell zusammenfasst...danke dafür!

    natürlich überlege ich auch seit tagen zu dir "umzuziehen" , denke aber jedesmal beim schreiben, dass der verlauf, die entwicklung und der stand der anderen auf "unserer" seite, die wir ja ein bischen für unsere zwecke mißbrauchen, im moment für alle ( und v.a. auch für alle "neuen" ) besser nachvollziehbar ist-
    vielleicht ändert sich das ja mit meinem ersten kommentar und ein paar fakten...

    stand unserer situation:
    kampa insolvenz ca 2 wochen nach vertrags unterschrift- leistung kampa NICHTS-

    nach kündigung im märz nach vob unsererseits, kam erst auf druck ende mai , das berühmte schreiben vom insolvenzverwalter mit 50000,- euro !!
    forderung von kampa für stornokosten, gewinnausfall...nach bgb. für nix-

    sonst kein anruf, keine info, wie bei allen... stillstand. schweigen.bereitstellungszinsen.

    mittlerweile ist das insolvenzverfahren eröffnet...
    kampa kämpft weiter-
    wir auch!

    wenn es nicht bald zu ende geht, bin ich dafür, dass wir zusammen z.b. stern tv anschreiben, dort war kampa schon einige male als katastrophenfirma , v.a. im umgang mit schimmel und kunden, zu bewundern. auch über die insolvenz wurde berichtet.
    ich könnte mir vorstellen, dass das vielleicht interessiert, wie unschuldige bauherren, völlig ungeschützt, in eine solche finanzielle und psychische grenzbelastung gestürzt werden...
    dass das ganze traurig ist, für die mitarbeiter und die frühere tolle arbeit von kampa, ist uns allen denke ich bewusst!
    aber warum sollen wir das denn jetzt
    ausbaden?
    ich finde bereitstellungszinsen, baustopp und v.a. die nervenbelastung seit einem vierteljahr genügen...
    gruss

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  2. Hallo Kampa-Mitleidende,

    habe meinen Kommentar auch im "blog-moschek.com" hinterlassen und möchte diesen hier auch mit an's "Laufen" bringen.
    Meinem Vorkommentar möchte ich mich anschließen. Sicherlich wird seitens des Insolvenzverwalters versucht, keine negative Publicity für Kampa zu betreiben und einen neuen Investor zu finden. Jedoch werden die Einzelschicksale sowohl der Mitarbeiter (nicht einmal die Bauberater wissen genau, wie der Stand der Dinge ist), als auch die der Bauherren mit dieser Informationspolitik völlig ausgeblendet.
    Wie es ist, wenn du jeden Tag dein "baubereites" Grundstück siehst und zahlst und wartest und zahlst und wartest... Man ist eben allein gegenüber Kampa/Insolvenzverwaltung und der Finanzierungsbank ohnmächtig. Aber ein gemeinsames Vorgehen vieler "Geschädigter" wäre, denke ich, für uns alle ein Zeichen, dass es weiter geht und es auch gegen diesen o. g. "Kraken" etwas auszurichten gibt.
    Das Interesse des Insolvenzverwalters ist es eben, für sich und für Kampa soviel wie möglich Geld aus den Kunden, die gekündigt haben, heraus zu holen. Die gehen auf Dummenfang und versuchen die Leute mit 5-stelligen Beträgen einzuschüchtern, obwohl dies rechtlich überhaupt nicht abgesichert ist. Es gibt verschiedene Urteile, die dem Verbraucher Recht gegeben haben. Aber es gibt eben noch kein Urteil des BGH dazu. Und deshalb kann so ein Insolvenzverwalter eben auf "Teufel komm raus" versuchen, Geldbeträge, welche im Prinzip durch keine Gegenleistung gerechtfertigt sind, zu erpressen.
    Aber welcher Bauherr möchte schon vielleicht jahrelang prozessieren, mit ungewissem Ergebnis?
    Auf jeden Fall braucht die Insolvenzverwaltung das "Ja" des Bauherren und kann dies eben nicht erzwingen.
    Es wäre jetzt, nach offizieller Eröffnung des Ins.-verfahrens zum 01.06. der richtige Zeitpunkt, wenn viele Kampa-Bauherren zusammen (vielleicht zu einem Vor-Ort-Termin) dem Insolvenzverwalter die Pistole auf die Brust setzen, ob er die Verträge mit den entsprechenden Sicherheiten (Bürgschaften) und natürlich Preisnachlässen zu einem festen Termin erfüllen kann oder uns endlich aus diesem Nervenkrimi entlässt.
    Also, lassen wir uns diese Hinhaltetaktik nicht mehr länger gefallen und versuchen eine gemeinsame Aktion (ggfl. mit Presse oder anderen Medien)! Wie wär's?
    Gruß, ennithing.

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  3. Hallo Bianca,
    auch ich bin natürlich nicht das erste Mal auf deiner Seite. Wir kennen uns aus dem mittlerweile liebgewonnen Blog im Angerbogen (blog.moschek.com). Erst einmal kann man nur sagen: WEITER SO. Ich vermute, wir werden nicht mehr lange weiterleiden müssen. Auch wenn uns das alle viel Nerven und Geld kostet. Unsere Träume werden wir nicht begraben. Derzeit denke ich massiv darüber nach, unser eigens Bautagebuch im Netz zu veröffentlichen. Es würde mich aber darüber hinaus freuen, von Euch allen auch die Entwicklungen mitzuverfolgen. Glaubt mir, wir werden irgendwann sagen können: WIR HABEN ES GESCHAFFT! Wir lesen voneinander. Falko

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